Sentire: Interaktion als ein Konzert für die Sinne

Ein Team aus Künstler*innen, Musiker*innen und Entwickler*innen der Humboldt-Universität Berlin hat mit Sentire das Musizieren durch Berührungen erfunden. Unterstützt wurde das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Fotos: Sentire

Stell dir vor, du bist in einem großen Konzertsaal. Das Licht wird gedimmt, der Vorhang geht auf. Es kehrt Stille ein. Doch statt eines Orchesters oder einer Band sind nur Menschen mit Armbändern auf der Bühne zu sehen, die sich langsam entgegengehen. Sie kommen sich näher und berühren sich an den Händen: Plötzlich ertönt Musik. Wie kann das sein? 

Wenn aus Berührungen Musik entsteht

Das Wort „sentire“ stammt aus dem Italienischen und bedeutet sowohl „fühlen“ als auch „hören“. Und genau dafür steht Sentire: Besondere Armbänder sorgen dafür, dass Töne erklingen, wenn sich zwei oder mehrere Personen näherkommen oder gegenseitig berühren. Mit Hilfe eines Armbands wird so der gesamte menschliche Körper zum Instrument. Statt die Saiten einer Gitarre zu spielen, muss eine andere Person lediglich an den Händen berührt werden. So entsteht nicht nur eine völlig neue Form des gemeinsamen Musizierens, auch Entfernungen und Nähe zu anderen Personen werden völlig neu erlebbar.

Doch wie funktioniert das? Sentire nutzt ein sogenanntes „BMI“, was für ein „body-machine-interface“ steht. Das klingt erst einmal kompliziert, ist aber ganz einfach: Ein BMI erweitert oder ersetzt unsere menschlichen Fähigkeiten durch Technologie. Sentire ist ein tonbasiertes BMI, welches die Nähe zwischen Berührung und Ton der Nutzer in Echtzeit erkennt und den menschlichen Körper als sensorisches System nutzt. Das ermöglicht Sonifikation, also „Verklanglichung“ durch Berührung. Mit veränderten akustischen Einstellungen kann aber auch eine gemütliche Atmosphäre erzeugt werden, die z.B. die kognitiven Fähigkeiten und die körperliche Wahrnehmung der Nutzer*innen verbessert. 

Sentire transformiert menschliche Interaktion wie wir sie typischerweise kennen durch die Einbindung von Tönen, durch Kombination, Verstärkung und die Verschmelzung von Berührung und Tönen und verwandelt diese in ein einzigartiges Erlebnis. Beispielsweise kann eine Verstärkung eines Tons dazu führen, dass die Intensität von Vibrationen oder Schallwellen erhöht wird und damit auch die Frequenz oder Tonlage eines Tons erhöht wird und sich zudem dem Druck der Berührungen anpasst.

Indem Sentire dazu beiträgt, die grundlegenden Mechanismen der non-verbalen Interaktion zu fördern und den Allgemeinzustand von Personen durch technologisch vermittelte tonale Rückmeldung zu verbessern, sind zukünftig eine Fülle an Anwendungsmöglichkeiten im Bereich der Kunst, Therapie, Lehre und Unterhaltung denkbar.

Aus einer künstlerischen Arbeit wurde ein wissenschaftliches Projekt

Einst begonnen als eine künstlerische Arbeit, entwickelte sich Sentire zu einem multidisziplinären Forschungsprojekt, das eine Gruppe aus Therapeut*innen, Forscher*innen, Künstler*innen und Entwickler*innen zusammenbrachte, um die die Beziehung zwischen Tönen, Sozialverhalten, Gesundheit und Mitwirkung zu erkunden. In dem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt der Humboldt-Universität wurde über einen Zeitraum mehrerer Jahre erforscht, wie das Zusammenspiel aus Berührung und Ton für eine einzigartige sinnliche Erfahrung sorgen kann und eine technische Lösung für ein drahtloses Funktionieren entwickelt.

 


Weiterführende Informationen:

Das Projekt Sentire

Wissenschaftliche Veröffentlichung