Verbundenheit als philosophisches Problem

In einer zunehmend digitalisierten Welt stellt sich die Frage, wie echte Verbundenheit entsteht und welche Rolle technologisch vermittelte Beziehungen dabei spielen. Die Philosophie bietet hier wertvolle Einsichten, indem sie Kriterien für authentische Verbundenheit untersucht und die Auswirkungen technologischer Interaktionen auf unser soziales Miteinander reflektiert.

Die meisten Menschen haben eine ungefähre Idee, was Verbundenheit ist, und was Verbundenheit für sie bedeutet. Als soziale Wesen haben wir ein Bedürfnis nach Verbundenheit – ein Bedürfnis, ohne dessen Befriedigung die meisten Menschen nicht leben möchten oder sogar können, und etwas, das zum Wohlbefinden und zum gelungenen Leben beiträgt. Zugleich ist philosophisch nicht immer ganz klar, ab wann das Gefühl der Verbundenheit auch durch tatsächliche Verbundenheit untermauert ist. Man kann sich etwa darin täuschen, ob man mit jemand anderem so verbunden ist, wie man selber dachte, etwa wenn sich herausstellt, dass die andere Person sich gar nicht selbst auch verbunden fühlte.

Ab wann zwei – oder mehr – Personen miteinander verbunden sind, unterliegt somit Kriterien, die über das eigene Ermessen hinausgehen. In der Philosophie werden solche Kriterien herausgearbeitet, gegen andere Begriffe und ihre Definitionen abgewogen, Sprachgebräuche berücksichtigt, diese aber auch die Analysen präzisiert. Dabei geht es um ontologische und epistemologische Fragen (Worin besteht Verbundenheit? Wie können wir wissen, ob wir mit jemand anderem verbunden sind?), als auch Fragen der normativen Qualität und Relevanz von Verbundenheit für unser Leben (Inwieweit ist Verbundenheit förderlich für unsere Autonomie? Was sind relevante Bestandteile des erfolgreichen Verbundenseins? Kann man “falsch” Verbundenheit herstellen?).

VEREINT wägt ab, inwiefern technologisch vermittelte Verbundenheitsgefühle über Distanz diesen Kriterien genügen können, oder gar genügen sollten. Die Intuitionen über die Qualität solcher Verbundenheit, im Gegensatz zu der nicht-technischen, unmittelbaren, “vor Ort”-Verbundenheit, gehen hierbei auseinander und bedürfen philosophischer Reflektion: einerseits scheint eine primär technisch vermittelte Verbundenheit der unmittelbaren Verbundenheit unterlegen zu sein. Zugleich ergeben sich aus dieser Technologie viele vielversprechende Möglichkeiten, mit Menschen über Distanzen hinweg und auf bisher unbekannte Art und Weise verbunden zu bleiben.

Die Antworten, die die Philosophie hier anbietet, etwa durch begriffliche Unterscheidungen und normative Argumente, sind zudem in einem interdisziplinären Rahmen zu verstehen. Hier geht es z.B.  um Abgrenzungen und Überschneidungen mit den Inhalten der Akzeptanzforschung im sozialen Bereich und der Wirkungsforschung im psychologischen Bereich, sowie dem Einfluss von Design-Prinzipien auf die normativen Anforderungen an Verbundenheitstechnologien.

Schließlich müssen die Konsequenzen einer erfolgreich hergestellten, technologisch vermitteln Verbundenheit bedacht werden: Inwieweit könnten Ersetzungsprozesse in Gang gesetzt werden und “herkömmliche” Verbundenheit verändert werden oder inwieweit beeinflussen diese Technologien unsere Umgangsformen und Umgangsformen so, dass neue moralische Normen, etwa der Verfügbarkeit, entstehen.