DisClose: Intime Nähe durch das Teilen negativer Gefühle

Wie Wearables (wie z.B. Schmuck) auf sehr ungewöhnliche Weise eingesetzt werden können, um emotionale Nähe zwischen Menschen zu fördern, die räumlich voneinander getrennt sind, stellen wir heute mit DisClose vor. DisClose sind experimentelle Schmuckstücke, die intime und sogar negative körperbezogene Erfahrungen wie Erschöpfung, Schmerz und Unsicherheit offenlegen und so Intimität zwischen Personen schaffen, die räumlich getrennt sind.

Alle Fotos: Saja Aljuneidi

Was ist DisClose?

DisClose besteht aus drei Schmuckstücken: Ohrringen, einem Armband und einer Halskette. Jedes Stück repräsentiert einen bestimmten Aspekt negativer, körperbezogener Selbsterfahrung. Die Ohrringe sollen das Gefühl von Erschöpfung vermitteln, indem sie einen erhöhten Herzschlag simulieren. Das Armband teilt Schmerz und Unbehagen und bietet zudem die Möglichkeit, den Schmerz des*r anderen zu „heilen“, indem es ein warmes Gefühl erzeugt. Eine Lupe an der Halskette ermöglicht es den Partner*innen, unsichere oder peinliche Körperstellen zu enthüllen und so tiefer gehende Gespräche über körperliche Veränderungen oder Unsicherheiten anzuregen.

Wie funktioniert DisClose?

DisClose beruht auf dem Konzept der Selbstoffenbarung, einem psychologischen Prozess, bei dem Menschen persönliche und intime Informationen teilen, um eine tiefere Bindung zu anderen aufzubauen. Anstatt nur positive Gefühle wie Liebe oder Freude zu teilen, konzentriert sich DisClose auf das Teilen negativer, oft intimer Erfahrungen wie Schmerz oder Erschöpfung. Dies fördert eine tiefere Verbindung, da das Teilen negativer Erfahrungen ein höheres Maß an Vertrauen und Verletzlichkeit erfordert. Durch Berührung, Wärme oder visuelle Hinweise erfahren die Träger*innen des Schmuckstücks die negativen Empfindungen der anderen Person am eigenen Körper. Beispielsweise spürt eine Person, die die Ohrringe trägt, den Herzschlag der anderen, erschöpften Person, was ein starkes Gefühl von Präsenz und Nähe vermittelt.

Warum es förderlich ist, negative Erfahrungen zu teilen

DisClose richtet sich an Menschen, die in Fernbeziehungen leben, sei es zwischen Partnern, engen Freunden oder Familienmitgliedern. Die Idee ist, dass das Teilen von Erschöpfung oder körperlichem Schmerz eine Möglichkeit bietet, emotionale Nähe zu fördern. Dies ist besonders wertvoll in Beziehungen, in denen ein physisches Zusammenleben nicht immer möglich ist wie in Fernbeziehungen oder bei längerer beruflicher Abwesenheit.

Obwohl viele Technologien darauf abzielen, positive Momente zu teilen, zeigt die Forschung, dass das Teilen negativer Erlebnisse zu einer stärkeren emotionalen Bindung führen kann. Negative Erfahrungen wie Schmerzen, Sorgen oder Unbehagen werden oft nicht geteilt, weil sie Verletzlichkeit bedeuten. Wenn sie jedoch geteilt werden, stärken sie das Gefühl von Vertrauen und Akzeptanz, da der*die andere die Belastungen und Herausforderungen des anderen kennt und mitfühlt.

Es braucht Vertrauen und Reziprozität

DisClose bietet die Möglichkeit, über räumliche Distanz hinweg eine tiefere emotionale Verbindung aufzubauen. Allerdings kann die ständige Offenlegung negativer Gefühle auch zu emotionaler Erschöpfung führen. Zudem ist der Erfolg von DisClose stark von Vertrauen und Reziprozität abhängig – einseitige Offenlegung kann die Beziehung belasten und auch insgesamt sollten die verbundenen Partner*innen darauf achten, dass sich ihre Kommunikation nicht nur um das Teilen negativer Gefühle und Erlebnisse dreht.

Unser Fazit

DisClose ist ein sehr interessantes Konzept, das Intimität über Distanz sehr wirkungsvoll und auf eine sehr ungewohnte Art und Weise erfahrbar macht. So ist die Technik nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern sorgt ganz explizit für eine Vertiefung der zwischenmenschlichen Beziehungen.

 

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