Friend’s Egg: Fernkommunikation zur Pflege von Freundschaften über Distanz

Manchmal will man nur kurz signalisieren „Ich bin da.“ Ohne Termin, ohne großen Aufwand. Ein Forschungsteam hat deshalb das Friend’s Egg entwickelt. Ein Gerät, das solche Gesten auch über große Distanzen möglich machen soll. Das Besondere ist, dass es etwas aufgreift, das wir alle im Alltag ganz selbstverständlich nutzen, den Abstand zwischen uns und anderen, und macht ihn für digitale Gespräche nutzbar.

 

Distanzzonen im Wirkungsbereich des Friend’s Egg. a) Eine Person betritt die soziale Zone, um Gesprächsbereitschaft zu signalisieren, b) während eine zweite Person die private Zone nutzt, um ein Gespräch zu beginnen. 

 

Was ist die Idee?

Die Grundidee hinter dem Friend’s Egg ist einfach: Wenn wir mit Menschen im selben Raum sind, verrät schon der Abstand zwischen uns viel darüber, ob wir gerade Lust auf ein Gespräch haben oder nicht. Stehen wir dicht beieinander, ist das ein Signal für Nähe und Offenheit. Bleiben wir weiter weg, heißt das oft, dass wir gerade beschäftigt oder nicht ansprechbar sind. Genau dieses Prinzip wollte das Forschungsteam in die digitale Welt übertragen. Das Friend’s Egg erkennt, wie nah eine Person dem Gerät kommt, und verändert je nach Entfernung, wie viel Ton und Bild an die andere Person übertragen werden. So entsteht ein natürlicher Ablauf: Wer nur „in der Nähe“ ist, wird vielleicht unscharf gesehen und ist nicht zu hören. Wer ganz nah herankommt, wird klar sichtbar und verständlich. Das Gerät macht also aus räumlicher Distanz ein digitales Signal, das beide Gesprächspartner sofort verstehen.

 

Wie funktioniert das?

Jede Person, die mit dem Friend’s Egg verbunden ist, hat ein eigenes Gerät. Es wirkt schlicht, fast wie ein Dekogegenstand, steckt aber voller Technik, die auf die Position und Bewegung der Person davor reagiert. Im Inneren sitzen kleine Entfernungssensoren und ein Bewegungssensor, die erkennen, ob sich jemand nähert oder entfernt. Außerdem gibt es eine Kamera und ein Mikrofon für Bild und Ton, einen Bildschirm zum Anzeigen der Videos und farbige Lichter, die Stimmungen oder Gesprächsbereitschaft sichtbar machen. Das Friend’s Egg teilt den Raum vor sich in vier Zonen ein:

Intimate Zone (ganz nah) : Ton und Bild sind deutlich, wie in einem echten Gespräch.
Private Zone (noch näher) : Das Bild wird klarer (blured), die Stimme ist zu hören.
Soziale Zone (ein Stück näher): Es erscheint ein unscharfes Bild, Ton bleibt aus.
Public Zone (weit weg): Kein Bild, kein Ton. Man ist „unsichtbar“.

Die Farben am Rand des Video-Bildes zeigen zusätzlich, in welcher Zone sich die andere Person gerade befindet. Ein roter Rahmen steht für die Intimate Zone (ganz nah), ein grüner Rahmen für die Private Zone (noch näher), ein blauer Rahmen für die Soziale Zone (ein Stück näher) und ein grauer Rahmen für die Public Zone (weit weg). So lässt sich sofort einschätzen, ob ein Gespräch passt. Alle Übergänge zwischen den Zonen erfolgen automatisch. Die Nutzerinnen und Nutzer müssen weder Anrufe starten noch Tasten drücken oder Menüs bedienen. Die Funktionen passen sich allein durch die Position vor dem Gerät an.

 

Warum fanden die Erfinder*innen das so spannend?

Für das Forschungsteam war besonders interessant, dass das Friend’s Egg eine lockerere, weniger verpflichtende Form der digitalen Kommunikation ermöglicht. Anders als bei einem klassischen Videoanruf muss niemand den anderen „direkt stören“. Stattdessen kann man ,wie im echten Leben, einfach in der Nähe sein, ohne sofort ins Gespräch einzusteigen. Die Forschenden wollten außerdem herausfinden, ob sich durch die räumliche Nähe zu einem Gerät auch auf Distanz ein Gefühl von gemeinsamer Präsenz herstellen lässt. Sie vermuteten, dass so eine vertraute, beiläufige Art des Austauschs entsteht, die in herkömmlichen Videochats oft fehlt. Darüber hinaus interessierte sie, wie natürlich sich mit dem Friend’s Egg digitale Begegnungen starten, aufrechterhalten und beenden lassen. Auch die Wirkung auf das Gefühl von sozialer Nähe und gemeinsamer Anwesenheit sollte untersucht werden. Gleichzeitig war ihnen bewusst, dass bei einer dauerhaften Übertragung der persönlichen Umgebung Fragen zum Datenschutz und zur Privatsphäre sorgfältig bedacht werden müssen.

 

Unser Fazit
Das Friend’s Egg macht deutlich, dass digitale Gespräche auch beiläufig und unkompliziert funktionieren können. Signale wie der Abstand zum Gerät reichen aus, um Nähe und Gesprächsbereitschaft wahrnehmbar zu machen. Dadurch entwickelt sich ein natürlicher Austausch, der sich an echten Begegnungen orientiert und besonders in Beziehungen über Distanz eine angenehme, unaufdringliche Form der Kommunikation schafft. Bei der Nutzung solcher Geräte sollte allerdings berücksichtigt werden, dass Bild- und Tonübertragung stets die Privatsphäre betreffen, sodass ein bewusster Umgang mit persönlichen Daten wichtig bleibt.

Mehr Informationen findest du im wissenschaftlichen Artikel .

Vorschaubild:Bilderquellen: Sabine Huschke, Vimal Darius Seetohul, Irma Lindt, Matthias Böhmer – Friend’s Egg