Gelungener Auftakt – 90 Expert*innen treffen sich an der Universität Siegen

Auf allen Ebenen gelungen war das erste Vernetzungstreffen der 10 Verbundprojekte sowie des wissenschaftlichen Begleitprojekts VEREINT der vom BMBF geförderten Bekanntmachung „Nähe über Distanz“ zu dem am 14.06. und 15.06.2023 rund 90 Wissenschaftler*innen und Expert*innen aus ganz Deutschland in Siegen zusammenkamen. Dabei gab es reichlich Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch, Inspiration und ein erstes Eintauchen in die inhaltlichen Schwerpunktthemen der Begleitforschung: Design, Wirkung, Akzeptanz und Ethik.

Spielerisches Verbinden und Kennenlernen

Der Großteil der Teilnehmenden reiste bereits zur Abendveranstaltung am 14.06.2023 an. In gemütlicher Atmosphäre erhielten die Teilnehmenden die Gelegenheit sich bei leckerem Essen und kalten Getränken in den Räumlichkeiten des Lehrstuhls „Ubiquitous Design“ kennenzulernen und auszutauschen. Eine erste Einstimmung in das Thema erlebten die Gäste im Rahmen eines ungewöhnlichen Sektempfangs durch die Künstlerin Anna van Eck. Sie lud Probierfreudige ein, aus miteinander verbundenen Gläsern zu trinken oder dem Gegenüber das Getränk aus der Distanz zuzuführen. Die anfängliche Irritation, sich gleich zu Beginn des Abends aus der eigenen Komfortzone bewegen zu sollen, wurde mit einer besonderen Erfahrung von Nähe und Distanz im sozialen Miteinander belohnt und sorgte für interessante Gespräche und viel Heiterkeit.

Zehn Verbundprojekte und das wissenschaftliche Begleitprojekt stellen sich vor

Am nächsten Tag wurden die rund 90 aus ganz Deutschland nach Siegen angereisten Wissenschaftler:innen und Expert:innen vom Dekan und Inhaber des Lehrstuhls Ubiquitous Design,  Prof. Dr. Marc Hassenzahl, mit interessanten Fakten über die Universitätsstadt Siegen begrüßt.

Katrin Nostadt, Referentin im Bundesministerium für Bildung und Forschung, legte im Gespräch mit Dr. Katja Karrer-Gauß, VDI/VDE-IT, sehr anschaulich dar, warum ihr die Bekanntmachung „Nähe über Distanz – Mit interaktiven Technologien zwischenmenschliche Verbundenheit ermöglichen“ besonders am Herzen liege. Gerade die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass es von besonderer Wichtigkeit sei, innovative Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu technologischen Lösungen zu fördern, die zur Erfüllung des individuellen psychologischen Bedürfnisses nach Nähe und Verbundenheit beitragen.

Es folge die Vorstellung der zehn anwendungsorientierten Förderprojekte, die einen ersten Einblick in ihre Vorhaben gaben. Dabei zeigte sich, dass eine umfassende Bandbreite von Zielgruppen wie Familien und Freundesgruppen, aber auch vulnerable Personenkreise wie Menschen mit psychischen Einschränkungen, Patient*innen in Krankenhäusern oder Bewohner*innen von Alten- und Pflegeheimen im Fokus der Entwicklungen stehen werden.

Abschließend berichtete Prof. Dr. Marc Hassenzahl vom Vorhaben des von der Universität Siegen als Konsortialführerin geleiteten Begleitforschungsprojekts VEREINT. Zeichnerisch kommentiert wurden die Projektvorstellungen von der Grafikerin Johanna Benz, die den Zuhörenden mit ihren schnellen, pointierten Zeichnungen immer wieder spannende Perspektiven eröffnete.

Zeichnung: Johanna Benz

Abgerundet wurde der Vormittag durch einen interaktiven Impuls der Künstlerin Anna van Eck. In ihrem Vortrag „Der Mensch in Schlüsselfunktion – über visuelle Verbindungen und Alltagsgegenstände“ führte sie die Zuhörenden in ihren Arbeitsschwerpunkt „Nähe auf Distanz“ ein und legte dar, wie sie in ihrer künstlerischen Arbeit bewusst mit Irritation arbeitet, um Menschen einen anderen Zugang und neue Perspektiven auf vermeintlich Bekanntes und Gewohntes zu ermöglichen. In einer interaktiven Übung wurden die Teilnehmer*innen zu einem besonderen Austausch eingeladen, der für etwas Irritation, vor allem aber für viel gute Stimmung sorgte.

Gemeinschaftliches Arbeiten und intensiver fachlicher Austausch in themenspezifischen Workshops

Nach der gemeinsamen Mittagspause wurde in vier parallelen Workshop-Gruppen zu den Themenschwerpunkten der Begleitforschung gearbeitet. Der Workshop Design wurde gemeinsam von Prof. Dr. Marc Hassenzahl, Christiane Wenhart und Ronda Ringfort-Felner von der Universität Siegen und Prof. Dr. Torben Wallbaum und Maryam Amidi von der Hochschule Flensburg ausgerichtet. Nach der Vorstellung von sechs zentralen Strategien für die Gestaltung von Verbundenheit, erarbeiteten die Teilnehmenden in Kleingruppen passende Gestaltungsprinzipien für jede der Strategien. Anschließend entwickelte jede der Gruppen Konzepte, die das Bedürfnis nach Nähe und Verbundenheit mit Hilfe dieser Strategie adressieren. Das favorisierte Konzept wurde direkt als Papier-Prototyp umgesetzt und es entstanden innerhalb kürzester Zeit für jede der sechs Gestaltungstrategien ein Prototyp, der sich in dieser Form beispielsweise im Rahmen von Bürger*innenforschung testen ließe.

Im Workshop Wirkung, der von Prof. Dr. Nicole Krämer und Dr. Aike Horstmann von der Universität Duisburg-Essen geleitet wurde, setzten sich die Teilnehmenden vor dem Hintergrund sozialpsychologischer und kommunikationswissenschaftlicher Theorien damit auseinander, wie Verbundenheitstechnologien die Art und Weise beeinflussen, wie Menschen kommunizieren, zusammenarbeiten und ihre Beziehungen pflegen. Anschließend arbeiten die Teilnehmenden zur empirischen Erhebung von Wirkung und sammelten und diskutierten potenzielle Wirkungsdimensionen. Nach einer umfangreichen Vorstellung möglicher Messmethoden wurde die Eignung für die Wirkungsmessung im eigenen Anwendungsprojekt betrachtet und erste Ansätze für die Wirkungsmessung im Projekt skizziert.

Um Technikakzeptanz als Erfolgsfaktor für die Produktentwicklung und Markteinführung ging es im Workshop Akzeptanz, unter der Leitung von Prof. Dr. Sarah Diefenbach und Angelina Krupp von der LMU München. Nach einer Einführung in die Forschung der Technikakzeptanz wurden entlang der drei Ebenen der User Experience die besonders relevante Faktoren für Verbundenheitstechnologien erarbeitet und auf die eigenen Projekte übertragen. Auch wurde innerhalb der Projekte Chancen und Hindernisse identifiziert, die sich auf die Akzeptanz des Produkts auswirken könnten und gemeinschaftlich diskutiert, wie sich die Akzeptanz fördern ließe.

Prof. Dr. Saskia Nagel und Dr. Hendrik Kempt von der RWTH Aachen diskutierten im Workshop Ethik mit ihrer Gruppe die ethischen Dimensionen interaktiver Technologien. Nach einer Vorstellung der Bedeutung und Funktion ethischer Konzepte, die für das Identifizieren und Abwägen ethischer Herausforderungen für das Design, die Entwicklung und den Einsatz interaktiver Technologien relevant sind, wurden Fragen zu „Verantwortung“, „Erklärbarkeit“, „Autonomie“ gemeinschaftlich diskutiert. Dabei wurde nicht nur die zu entwickelnde Technologie betrachtet, sondern auch die Rolle der Forschenden und Ingenieur*innen von interaktiven Technologien.

Spannende Diskussion und Vorfreude auf die Zusammenarbeit

Abgeschlossen wurde der Tag mit einer Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Nicole Krämer (Wirkung), Prof. Dr. Sarah Diefenbach (Akzeptanz), Prof. Dr. Torben Wallbaum (Design) und Prof. Dr. Saskia Nagel (Ethik), moderiert von Dr. Felicitas Muth (VDI/VDE-IT) und Prof. Dr. Marc Hassenzahl.  Die Expert*innen waren sich einig, dass jedes der vier Themen bei der Gestaltung von „Verbundenheitstechnologie“ gleichermaßen wichtig sei und daher über den gesamten Entwicklungsprozess berücksichtigt werden sollte.

Insgesamt bot das Vernetzungstreffen einen idealen Rahmen für den projektübergreifenden Austausch und die laterale Vernetzung. So wurde sich intensiv fachlich ausgetauscht, bereits erste gemeinsame Themen und auch Schnittmengen identifiziert und weitere Vernetzungsmöglichkeiten geplant.

Wir freuen uns über den gelungenen Auftakt, das große Interesse an Austausch und Zusammenarbeit und die gemeinschaftliche Projektarbeit in den nächsten drei Jahren.

Foto: David Straßburger